Pädagogisches Konzept

Die Grundlage unserer Arbeit im Kindergarten ist die Pädagogik Rudolf Steiners, die Waldorfpädagogik. Dieser pädagogische Ansatz ist nicht programmatischer Natur, sondern er enthält die Aufforderung an die Kindergärtnerinnen, die Gesetze der menschlichen Entwicklung zu studieren und die erzieherische Arbeit aus den Möglichkeiten jedes einzelnen Kindes heraus selbst zu gestalten. Insofern will Waldorfpädagogik Erziehungskunst sein. Das Studium der kindlichen Entwicklung bis zur Schulreife zeigt, dass sein unbändiger Lerneifer angeregt und befriedigt wird durch die Bezugspersonen in seiner unmittelbaren Umgebung, die es nachzuahmen trachtet. Die Nachahmung ist das Erziehungsprinzip für die ersten sieben Jahre. Sie stellt eine enorme Anforderung an Erzieher und Eltern, da diese dem Kind das Vorbild in ihrem ganzen menschlichen Tun sind. In diesem Sinne ist die menschliche Umgebung des Kindes prägend bis in seine leibliche Entwicklung hinein. Wenn der Erwachsene dies erkannt hat, wird die Erziehungsaufgabe Aufforderung zur ständigen Selbsterziehung. Dieser pädagogische Ansatz kann deswegen nur fruchtbar werden, wenn die Erziehenden eine Arbeitsweise entwickeln, die reflektierenden Austausch und gegenseitige Anerkennung möglich macht. Dies gilt auch für das Verhältnis der Erzieher zu den Eltern, das nur auf einer Basis der vertrauensvollen Zusammenarbeit eine tragfähige Grundlage für das gemeinsame Anliegen abgeben kann.

Im Kindergarten geben wir den Kindern Raum und Möglichkeit sich allseitig zu entfalten. Das betrifft die körperliche Entwicklung, die Entwicklung der Sinnesorgane, die Sprachentwicklung und die musikalische Bildung, die Förderung der Grob- und Feinmotorik, die Entfaltung der Fantasie und der schöpferischen Kräfte sowie das soziale Verhalten. Im freien Spiel sowohl drinnen wie draußen kann das Kind mit „unfertigen“ Spielzeugen (wie Naturmaterialien, Holzklötzen, Bändern, Tüchern) seine eigene Fantasie entfalten und Eigenaktivität entwickeln. Durch die Wiederholung der Verse, Lieder, Fingerspiele und Märchen wird die Sprachentwicklung gefördert. In der Natur hat das Kind die Möglichkeit, durch eine Vielfalt von Wahrnehmungen seine Sinne gut auszubilden. Das Kind kann durch Klettern auf Steinen und Bäumen, durch Laufen auf Naturboden oder hohem Gras seine Geschicklichkeit entwickeln. Der feste, immer wiederkehrende Tagesablauf mit Bewegung und Ruhephasen, mit besinnlichem oder heiterem Charakter, unterstützt die Lebensprozesse und die leibliche Bildung in diesem Alter. Im freien Spiel mit anderen Kindern verschiedenen Alters und bei gemeinsamen Mahlzeiten hat das Kind täglich die Möglichkeit das eigene soziale Verhalten zu üben und selbstständig zu werden.

Weil das Kind ein Individuum mit eigenen Intentionen ist, sucht es selbst Orientierung bei den Erwachsenen. Das Kind weiß, dass es bestimmte Regeln gibt und kann sich durch Gewöhnung in den Tagesablauf des Kindergartens einleben, ohne dass die Erzieher ständig Gebote, Verbote oder Erklärungen aussprechen müssen. Sowie das Kind schon Laufen und Sprechen durch das Nachahmen der Erwachsenen gelernt hat, kann sich auch jetzt das nachahmende Lernen an der sinnvollen, Vorbild gebenden Tätigkeit der Erwachsenen individuell entfalten. Die Erzieher sind immer tätig und schaffen durch ihre Arbeit eine spielfördernde Atmosphäre, denn das Spiel ist für das Kind, was die Arbeit für die Erwachsenen ist. Alle diese genannten Einflüsse verhelfen dem Kind dazu, frei von schulischem Lernen sogenannte Basiskompetenzen zu entwickeln, auf denen später die schulische Erziehung und Bildung aufbauen kann.

Mit der Schule vergleichbare Lernziele streben wir im Kindergarten nicht an. Intellektuelle Forderungen wie das Schreiben, Lesen oder Rechnen lernen sehen wir als Aufgabe der Schule an, die Entwicklung der Basiskompetenzen als unsere Aufgabe im Kindergarten.

Körper- und Bewegungskompetenz

In unserem Kindergarten legen wir besonderen Wert auf vielseitige Bewegung: bei regelmäßigen Spaziergängen im Waldpark oder an der Elbe, beim Spielen und Arbeiten im Garten, ebenso wie bei Reigen und Fingerspielen, Eurythmie und Handarbeit (Laufen, Klettern, Seilhüpfen, Stelzenlaufen, Ballspielen, Laubrechen oder Schneeschippen, Küchenarbeit, Spielen einfacher Musikinstrumente, kleine Arbeiten an der Werkbank, Fingerhäkeln).

Sinnes- und Wahrnehmungskompetenz

Die Kinder können mit ihren Sinnen die reale Welt entdecken und erforschen und dabei einfache Zusammenhänge erkennen und verstehen lernen. Die eigene Entdeckerfreude wird geweckt, die Belehrung durch die Dinge selbst lässt die Kinder elementare Naturgesetze erfahren. Dies ist eine grundlegende Voraussetzung für das spätere Erschließen komplizierter Zusammenhänge. Computer oder Fernseher bereits im Kindergarten fördern unserer Meinung nach keineswegs die später erforderliche Medienkompetenz und kommen deshalb bei uns nicht zum Einsatz. (Pflege der zwölf Sinne, authentische Materialien, harmonische Farb- und Materialgestaltung).

Sprachkompetenz

Im gesamten Tagesablauf bemühen wir uns um eine gepflegte, deutliche, altersgerechte und natürliche Sprache. Einen großen Stellenwert haben bei uns Lieder, Geschichten, Verse und Reime, wie beispielsweise das Puppenspiel oder das frei erzählte Märchen im täglichen Mittagskreis. Sie regen die Fantasie an, erweitern den Wortschatz und führen zu sprachlichen Kompetenzen, die im kindlichen Spiel einfließen und Anwendung finden. Durch häufiges Wiederholen wird die Nachahmung angeregt und dadurch die Sprachentwicklung gefördert.

Fantasie- und Kreativitätskompetenz

Die Entwicklung und Pflege der kindlichen Fantasiekräfte ist uns ganz besonders wichtig und nimmt in der Freispiel- und Geschichtenzeit, in Reigen und Eurythmie ganz konkrete Gestalt an. Unfertige, nicht genormte und freilassende Spielsachen aus natürlichen Materialien regen die schöpferische Kräfte der Kinder an und geben ihnen die Möglichkeit, die Gegenstände während des täglichen Freispiels mit Hilfe ihrer Fantasie ständig zu „verwandeln“ und umzufunktionieren.

Durch Vermeidung funktionaler Spielsachen kann diese kindliche Fähigkeit erhalten und entwickelt werden. Die immer wiederkehrenden Geschichten und Puppenspiele sowie die am Erzieher erlebbaren Haus- und Handwerkstätigkeiten regen die Kinder an, das Gehörte und Gesehene kreativ umzuwandeln und in ihr eigenes Spiel und ihre schöpferische Tätigkeit einfließen zu lassen. Hier wird die Grundlage für Ideenreichtum, seelisch- geistige Beweglichkeit und Fantasie bei der Lebensgestaltung im Erwachsenenalter gelegt.

Sozialkompetenz

Die altersgemischten Gruppen ermöglichen den kleinen Kindern, im Erleben des Tuns der großen Kinder spielerische Anregung und Einbindung zu erfahren – und den großen Kindern Rücksicht, Verantwortungsbewusstsein und Hilfsbereitschaft zu entwickeln. Sie gewinnen Einsicht in die Zweckmäßigkeit von Regeln für das Zusammenleben. Die Kinder können sich am Verhalten und Tätigkeit des Erwachsenen nachahmend orientieren (gegenseitiges Helfen und Übernehmen von Aufgaben, Rollen- und Regelspiele, Erüben von Konfliktlösungen).

Motivations- und Konzentrationskompetenz

Kinder haben einen natürlichen Drang zu lernen und tätig zu sein. Wir schaffen im Kindergarten Bedingungen, die es den Kindern ermöglichen dieses Grundbedürfnis in möglichst gesunder Weise zu befriedigen. Einerseits werden an die Kinder vielfältige, zur Nachahmung anregende, natürliche Sinneseindrücke herangetragen. Andererseits soll eine schädliche Reizüberflutung, die zu Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen führen kann, vermieden werden. Das Vorbild der sinnvoll tätigen Erzieherin motiviert die Kinder zur eigenen Betätigung (zum Beispiel beim Erkennen von Zusammenhängen….Korn dreschen, mahlen, backen…). Regelmäßige Wiederholungen im Tages-, Wochen- und Jahresrhythmus helfen die Konzentrationsfähigkeit der Kinder zu entwickeln.

Ethisch- moralische Wertekompetenz

Die Kinder brauchen zu ihrer eigenen Lebensgestaltung seelisch- geistige Orientierungen und Wertvorstellungen. Ebenso benötigen sie Aufgaben, mit denen sie sich innerlich verbinden können. Sie sollen auch lernen, dass diese Umsetzung mit persönlichem Engagement, Klarheit und Wahrhaftigkeit verbunden ist. Unsere Kinder brauchen klare Regeln und Rituale.
Wir möchten ihnen den Raum schaffen, um das Gute, Schöne und Wahre der Welt wahrzunehmen und Achtung vor anderen Menschen, anderen Kulturen und der Schöpfung zu entwickeln. Zum Beispiel Feste vorbereiten und feiern; Dankbarkeit (Tischspruch); Kinder erleben Hilfsbereitschaft und Engagement der Eltern und Erzieher (im Verein, beim Organisieren von Ausflügen); praktizierende Nächstenliebe; respektvoller Umgang mit der Natur.